Johann Zoffany - Bildnis einer Dame als Diana

Auktion 389, Kat.-Nr. 628

Gemälde und Graphiken 15. – 20. Jh.

am 24. September 2020

Johann Zoffany

Bildnis einer Dame als Diana

Schätzpreis:
€ 6.000 bis € 8.000

Differenzbesteuerung    

Ergebnis:
€ 40.640 (inkl. 27 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Johann Zoffany

1733 Frankfurt a. M. - 1819 Strand-on-the-Green (London), zugeschrieben

 

Bildnis einer Dame als Diana

 

 

Auf dem Keilrahmen versch. Klebeetiketten mit Nummerierungen. Ebda. Klebeetikett mit Hinweis auf die u. g. Ausstellung. Öl auf Lwd. 90 x 70 cm. Doubliert. Rest. Rahmen.

 

In einer Felsenlandschaft sitzt an einem kleinen Wasserfall eine Dame als Diana gekleidet. Auf ihrem Schoß ein Jagdhund, neben ihr der Köcher mit den Pfeilen und ein erlegter Hase.

 

Die porträtähnlichen Gesichtszüge der unbekannten Dame lassen erkennen, dass es sich beim vorliegenden Gemälde nicht um eine idealisierende Darstellung der Jagdgöttin Diana, in der Mythologie auch als Göttin der Nacht, der Tugend und Keuschheit definiert, handelt. Vielmehr ist es im weiteren Sinne als "portrait historié" zu verstehen. Dieses Genre der Porträtmalerei erfreute sich im 17. und besonders im 18. Jahrhundert bei Damen der Gesellschaft größter Beliebtheit: Es ging hierbei nicht nur darum, die Bedeutung und den Intellekt der Porträtierten durch eine mythologische "Verkleidung" zu verdeutlichen. Die "Rolle" einer Gestalt der Mythologie erlaubte auch eine in der Regel freizügigere Kleidung im antikisierenden Stil, die weiblichen Reize wurden in gesellschaftlich tolerablem Maß zur Geltung gebracht. Eine hohe Zeit erlebte das "portrait historié" in Frankreich, als Jean-Marc Nattier unvergleichliche Werke dieser Gattung schuf.

 

Gerade im 18. Jahrhundert entstanden vermehrt aber auch Porträts von Schauspielern und Schauspielerinnen in ihren Bühnenrollen. Ein Hauptvertreter dieser Porträtmalerei ist der gebürtige Frankfurter Johann Zoffany, mit dessen Kunst das vorliegende Gemälde in engster Verbindung steht. Nicht nur künstlerisch sondern auch kompositionell sehr vergleichbar ist dessen Bildnis der Bühnenkünstlerin Anne Brown als "Miranda" (Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza; Inv.-Nr. 444 [1977.76]). Es ist nicht auszuschließen, dass es sich auch bei "Diana" um ein Rollenporträt handelt.

 

Johann Zoffany übersiedelte bereits mit 27 Jahren nach London, wo er Schützling des berühmten Schauspielers David Garrick wurde. In kurzer Zeit etablierte sich Zoffany als einer der führenden Porträtmaler Englands. In den 1770er Jahren lebte er in Italien, meist in Florenz, 1783-1789 in Kalkutta, und kehrte anschließend wieder nach England zurück. Stilistisch erinnert das vorliegende Gemälde auch an Arbeiten des Francis Cotes (um 1725 London - 1770 ebenda), einen Pionier der englischen Pastellmalerei und 1768 ein Gründungsmitglied der Royal Academy of Arts.

 

Das vorliegende Gemälde wurde früher Johann Friedrich August Tischbein (1750 Maastricht - 1812 Heidelberg) zugeschrieben und als "Portrait de la Comtesse de Vismes" tituliert. Weder lässt sich die Zuschreibung an den "Leipziger Tischbein" nach heutigem Kenntnisstand aufrecht erhalten, noch lässt sich die Identifizierung als "Comtesse de Vismes" verifizieren.

 

Literatur: Ausst.-Kat. "Les modes à travers trois siècles". Paris, Palais du Domaine de Bagatelle, 15. Mai - 15. Juli 1911. Évreux 1911, S. 25, Kat.-Nr. 151 (mit Abb.): das vorliegende Gemälde. Dort Besitzerangabe "M. C. Brunner".

 

Provenienz: Süddeutscher Privatbesitz.

 

Wir danken Dr. Marianne Heinz, Kassel, für ihre freundliche Unterstützung im Rahmen der Recherchen.



Signatur-Bez-Recto:
Auf dem Keilrahmen versch. Klebeetiketten mit Nummerierungen. Ebda. Klebeetikett mit Hinweis auf die u. g. Ausstellung
Technik:
Öl
Träger:
auf Lwd
Maße:
90 x 70 cm
Zustand:
Doubliert. Rest
Rahmen:
Rahmen
Provenienz:
Süddeutscher Privatbesitz.
Danksagung:
Wir danken Dr. Marianne Heinz, Kassel, für ihre freundliche Unterstützung im Rahmen der Recherchen.
Kommentar:
Die porträtähnlichen Gesichtszüge der unbekannten Dame lassen erkennen, dass es sich beim vorliegenden Gemälde nicht um eine idealisierende Darstellung der Jagdgöttin Diana, in der Mythologie auch als Göttin der Nacht, der Tugend und Keuschheit definiert, handelt. Vielmehr ist es im weiteren Sinne als "portrait historié" zu verstehen. Dieses Genre der Porträtmalerei erfreute sich im 17. und besonders im 18. Jahrhundert bei Damen der Gesellschaft größter Beliebtheit: Es ging hierbei nicht nur darum, die Bedeutung und den Intellekt der Porträtierten durch eine mythologische "Verkleidung" zu verdeutlichen. Die "Rolle" einer Gestalt der Mythologie erlaubte auch eine in der Regel freizügigere Kleidung im antikisierenden Stil, die weiblichen Reize wurden in gesellschaftlich tolerablem Maß zur Geltung gebracht. Eine hohe Zeit erlebte das "portrait historié" in Frankreich, als Jean-Marc Nattier unvergleichliche Werke dieser Gattung schuf. Gerade im 18. Jahrhundert entstanden vermehrt aber auch Porträts von Schauspielern und Schauspielerinnen in ihren Bühnenrollen. Ein Hauptvertreter dieser Porträtmalerei ist der gebürtige Frankfurter Johann Zoffany, mit dessen Kunst das vorliegende Gemälde in engster Verbindung steht. Nicht nur künstlerisch sondern auch kompositionell sehr vergleichbar ist dessen Bildnis der Bühnenkünstlerin Anne Brown als "Miranda" (Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza; Inv.-Nr. 444 [1977.76]). Es ist nicht auszuschließen, dass es sich auch bei "Diana" um ein Rollenporträt handelt. Johann Zoffany übersiedelte bereits mit 27 Jahren nach London, wo er Schützling des berühmten Schauspielers David Garrick wurde. In kurzer Zeit etablierte sich Zoffany als einer der führenden Porträtmaler Englands. In den 1770er Jahren lebte er in Italien, meist in Florenz, 1783-1789 in Kalkutta, und kehrte anschließend wieder nach England zurück. Stilistisch erinnert das vorliegende Gemälde auch an Arbeiten des Francis Cotes (um 1725 London - 1770 ebenda), einen Pionier der englischen Pastellmalerei und 1768 ein Gründungsmitglied der Royal Academy of Arts. Das vorliegende Gemälde wurde früher Johann Friedrich August Tischbein (1750 Maastricht - 1812 Heidelberg) zugeschrieben und als "Portrait de la Comtesse de Vismes" tituliert. Weder lässt sich die Zuschreibung an den "Leipziger Tischbein" nach heutigem Kenntnisstand aufrecht erhalten, noch lässt sich die Identifizierung als "Comtesse de Vismes" verifizieren. Literatur: Ausst.-Kat. "Les modes à travers trois siècles". Paris, Palais du Domaine de Bagatelle, 15. Mai - 15. Juli 1911. Évreux 1911, S. 25, Kat.-Nr. 151 (mit Abb.): das vorliegende Gemälde. Dort Besitzerangabe "M. C. Brunner".