Carl Spitzweg - Einsiedler mit Mädchen

Auktion 390, Kat.-Nr. 627

Gemälde und Graphiken 15. – 20. Jh.

am 3. Dezember 2020

Carl Spitzweg

Einsiedler mit Mädchen

Schätzpreis:
€ 45.000 bis € 55.000

Differenzbesteuerung    

Ergebnis:
€ 35.560 (inkl. 27 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Carl Spitzweg

1808 München - 1885 ebenda

 

Einsiedler mit Mädchen

 

 

Rücks. Nachlass-Stempel (Lught 2308) in Schwarz. Öl auf Holz. 37,5 x 30 cm. Rest. Min. besch. Rahmen min. besch.

 

"Bene vixit, qui bene latuit" / "Gut hat der sein Leben geführt, der sich gut verborgen hat" (Ovid, Tristia III, 4, 25) - Wenngleich aus der Antike stammend, fand sich dieser Leitspruch nicht selten an Klosterpforten. Und die klösterliche Abgeschiedenheit findet sich schließlich in (nahezu) perfekter Weise bei den Einsiedlern gelebt und durchlebt.

 

Auf unserem Gemälde sitzt ein Eremit in seiner Felsengrotte bei einer Quelle, über dieser - an der Felswand - das Kreuz. Neben der Quelle zwei Blumentöpfe mit rot und weiß blühenden Blumen. Gerade noch war er in geistliche Lektüre und christliche Erbauung vertieft, als er aufhorcht: Am Eingang zu seinem Rückzugsort erscheinen zwei Mädchen, die Arme untergehakt, wohl amüsiert plaudernd. Was tun? Wer stört seine Kreise? Der Eremit - noch jung an Jahren - hebt seinen Kopf, sein Blick verrät höchste Aufmerksamkeit. Wird er überrascht oder rechnet er mit einem Besuch, der ihm Zerstreuung bereitet? Fast möchte man in Anbetracht der geschickt platzierten und im Sonnenlicht strahlenden Blumenstöcke bei den beiden sich nähernden Mädchen an das Grimmsche Märchen von Schneeweißchen und Rosenrot denken, in welchem die Geschichte von zwei hinreißenden jungen Geschöpfen, wohl erzogen und auch im dunklen Wald stets von ihrem Schutzengel begleitet, erzählt wird. Wie wird wohl die gleich stattfindende Begegnung der Mädchen mit dem Einsiedler verlaufen?

 

Auch auf diesem Gemälde brilliert Carl Spitzweg ein weiteres Mal mit seiner Kunst, mit vordergründig harmlos erscheinenden Darstellungen ein kompliziertes System von Emotionen und Beziehungs- und Handlungssträngen anzudeuten, das die Phantasie des Betrachters immer wieder auf ein Neues anregt und inspiriert.

 

 

Literatur: Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. Ausst.-Kat. München, Haus der Kunst, 23. November 1985 - 2. Februar 1986. Herrsching 1985, S. 502, Kat.-Nr. 749 (mit Farbabb. 749). - Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke - Gemälde und Aquarelle. Stuttgart 2002, S. 364, WVZ-Nr. 831 (mit Abb.): dort "um 1870" datiert.

 

Provenienz: Privatsammlung Süddeutschland.




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Signatur-Bez-Recto:
Rücks. Nachlass-Stempel (Lught 2308) in Schwarz
Technik:
Öl
Träger:
auf Holz
Maße:
37,5 x 30 cm
Zustand:
Rest. Min. besch
Rahmen:
Rahmen min. besch
Provenienz:
Privatsammlung Süddeutschland.
Kommentar:
"Bene vixit, qui bene latuit" / "Gut hat der sein Leben geführt, der sich gut verborgen hat" (Ovid, Tristia III, 4, 25) - Wenngleich aus der Antike stammend, fand sich dieser Leitspruch nicht selten an Klosterpforten. Und die klösterliche Abgeschiedenheit findet sich schließlich in (nahezu) perfekter Weise bei den Einsiedlern gelebt und durchlebt. Auf unserem Gemälde sitzt ein Eremit in seiner Felsengrotte bei einer Quelle, über dieser - an der Felswand - das Kreuz. Neben der Quelle zwei Blumentöpfe mit rot und weiß blühenden Blumen. Gerade noch war er in geistliche Lektüre und christliche Erbauung vertieft, als er aufhorcht: Am Eingang zu seinem Rückzugsort erscheinen zwei Mädchen, die Arme untergehakt, wohl amüsiert plaudernd. Was tun? Wer stört seine Kreise? Der Eremit - noch jung an Jahren - hebt seinen Kopf, sein Blick verrät höchste Aufmerksamkeit. Wird er überrascht oder rechnet er mit einem Besuch, der ihm Zerstreuung bereitet? Fast möchte man in Anbetracht der geschickt platzierten und im Sonnenlicht strahlenden Blumenstöcke bei den beiden sich nähernden Mädchen an das Grimmsche Märchen von Schneeweißchen und Rosenrot denken, in welchem die Geschichte von zwei hinreißenden jungen Geschöpfen, wohl erzogen und auch im dunklen Wald stets von ihrem Schutzengel begleitet, erzählt wird. Wie wird wohl die gleich stattfindende Begegnung der Mädchen mit dem Einsiedler verlaufen? Auch auf diesem Gemälde brilliert Carl Spitzweg ein weiteres Mal mit seiner Kunst, mit vordergründig harmlos erscheinenden Darstellungen ein kompliziertes System von Emotionen und Beziehungs- und Handlungssträngen anzudeuten, das die Phantasie des Betrachters immer wieder auf ein Neues anregt und inspiriert. Literatur: Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. Ausst.-Kat. München, Haus der Kunst, 23. November 1985 - 2. Februar 1986. Herrsching 1985, S. 502, Kat.-Nr. 749 (mit Farbabb. 749). - Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke - Gemälde und Aquarelle. Stuttgart 2002, S. 364, WVZ-Nr. 831 (mit Abb.): dort "um 1870" datiert.