Karl Wilhelm Diefenbach - Richard Wagner

Auktion 400, Kat.-Nr. 529

FRüHJAHRSAUKTION

am 14. April 2021

Karl Wilhelm Diefenbach

Richard Wagner

Schätzpreis:
€ 2.000 bis € 2.500

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Ergebnis:
€ 5.080 (inkl. 27 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Karl Wilhelm Diefenbach

1851 Hadamar - 1913 Capri

 

Richard Wagner

 

 

(1813 Leipzig - 1883 Venedig). Brustbild nach rechts. L. u. signiert und 1883 datiert. Aquarell auf Papier. 56,4 x 46,3. Aufgezogen. Rahmen.

 

Als Richard Wagner 1883 in Venedig starb, verlor die Musikwelt des 19. Jahrhunderts einen der progressivsten aber auch umstrittensten Komponisten. Seine Popularität war groß, auch posthum erfuhren Bildnisse des Meisters größte Nachfrage.

 

Mit Karl Wilhelm Diefenbach beschäftigte sich 1883 ein Künstler mit Richard Wagner, der sich möglicherweise durch seine eigene Lebensphilosophie auf eine ganz besondere Art und Weise von der Ideenwelt und neuartigen Musik desselben angezogen fühlte. Sein Studium an der Münchener Akademie musste Diefenbach aufgrund einer schweren Typhus-Erkrankung unterbrechen. Diese Krankheit scheint die Ursache für die Hinwendung Diefenbachs zu jeder Art von Reformbewegung gewesen zu sein: Er interessierte sich für die neu aufgekommene vegetarische Bewegung, pflegte persönlichen Kontakt mit den Initiatoren der sog. Reformkleidung. Um 1881 trat er aus der Kirche aus und wurde Mitglied der Freireligiösen Bewegung. In einer Art Ordenskleidung vertrat Diefenbach in München seine theosophisch geprägten Ideen einer Lebensreform, vom Leben im Einklang mit der Natur, der Ablehnung der Monogamie und von Freikörperkultur. Von den Zeitgenossen als "Kohlrabi-Apostel" verspottet, fand Diefenbach dennoch Anhänger. Eine kleine "Kommune" entstand in Höllriegelskreuth, 1897 gründete er in Wien die Künstlerkommune "Humanitas", eine Vorläuferin der Alternativsiedlung auf dem Monte Verità bei Ascona. Seine späteren Jahre verbrachte Karl Wilhelm Diefenbach auf Capri.

 

Für die Rezeptionsgeschichte der Schöpfungen Richard Wagners ist es interessant, dass ausgerechnet ein solch ausgeprägter Reformideologe wie Karl Wilhelm Diefenbach den großen Komponisten in dessen Todesjahr im Porträt festhielt. Dies kann nicht nur als Beleg gesehen werden, dass Wagner auch in Diefenbach einen Verehrer gefunden hatte, sondern kann allgemein als Beweis dafür dienen, welch vielfältige Zugangs- und Interpretationsmöglichkeiten Wagners Werke (bis heute) eröffnen können.

 

Provenienz: Vom Vorbesitzer auf Vermittlung Gudrun und Wolfgang Wagners erworben.



Titel-Zusatz:
(1813 Leipzig - 1883 Venedig). Brustbild nach rechts


Signatur-Bez-Vorne:
L. u. signiert und 1883 datiert
Technik:
Aquarell
Träger:
auf Papier
Zustand:
Aufgezogen
Rahmen:
Rahmen
Provenienz:
Vom Vorbesitzer auf Vermittlung Gudrun und Wolfgang Wagners erworben.
Kommentar:
Als Richard Wagner 1883 in Venedig starb, verlor die Musikwelt des 19. Jahrhunderts einen der progressivsten aber auch umstrittensten Komponisten. Seine Popularität war groß, auch posthum erfuhren Bildnisse des Meisters größte Nachfrage. Mit Karl Wilhelm Diefenbach beschäftigte sich 1883 ein Künstler mit Richard Wagner, der sich möglicherweise durch seine eigene Lebensphilosophie auf eine ganz besondere Art und Weise von der Ideenwelt und neuartigen Musik desselben angezogen fühlte. Sein Studium an der Münchener Akademie musste Diefenbach aufgrund einer schweren Typhus-Erkrankung unterbrechen. Diese Krankheit scheint die Ursache für die Hinwendung Diefenbachs zu jeder Art von Reformbewegung gewesen zu sein: Er interessierte sich für die neu aufgekommene vegetarische Bewegung, pflegte persönlichen Kontakt mit den Initiatoren der sog. Reformkleidung. Um 1881 trat er aus der Kirche aus und wurde Mitglied der Freireligiösen Bewegung. In einer Art Ordenskleidung vertrat Diefenbach in München seine theosophisch geprägten Ideen einer Lebensreform, vom Leben im Einklang mit der Natur, der Ablehnung der Monogamie und von Freikörperkultur. Von den Zeitgenossen als "Kohlrabi-Apostel" verspottet, fand Diefenbach dennoch Anhänger. Eine kleine "Kommune" entstand in Höllriegelskreuth, 1897 gründete er in Wien die Künstlerkommune "Humanitas", eine Vorläuferin der Alternativsiedlung auf dem Monte Verità bei Ascona. Seine späteren Jahre verbrachte Karl Wilhelm Diefenbach auf Capri. Für die Rezeptionsgeschichte der Schöpfungen Richard Wagners ist es interessant, dass ausgerechnet ein solch ausgeprägter Reformideologe wie Karl Wilhelm Diefenbach den großen Komponisten in dessen Todesjahr im Porträt festhielt. Dies kann nicht nur als Beleg gesehen werden, dass Wagner auch in Diefenbach einen Verehrer gefunden hatte, sondern kann allgemein als Beweis dafür dienen, welch vielfältige Zugangs- und Interpretationsmöglichkeiten Wagners Werke (bis heute) eröffnen können.