Pablo Picasso - Nu. 1944

Auktion 56, Kat.-Nr. 241

MODERNE KUNST 56

am 4. Dezember 2014

Pablo Picasso

Nu. 1944

Schätzpreis:
€ 220.000 bis € 250.000

Ergebnis:
€ 279.400 (inkl. 27 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Picasso, Pablo

1881 Malaga - 1973 Mougins

 

Nu. 1944

 

Bleistiftzeichnung auf Velin d´Arches (Wz: Arches)

49 x 31,5 cm (50,5 x 32,5 cm)

 

Rechts unten mit (Tusch) Feder signiert "Picasso". Blattkanten gebräunt. Umlaufend am Rand auf Unterlagekarton aufgeklebt. Rahmen.

 

Werkverzeichnis: Zervos Nr. 13.308

 

Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung

 

Aus einer Serie von 6 Zeichnungen von 1944, Wvz. 13.308 Es zeugt von Picassos Virtuosität, wie er die mit angezogenen Knien sitzende Frau mittels einer fast ununterbrochenen Linie aufs Papier setzt. Wie in seinen frühen klassizistischen Zeichnungen aus den 1920er Jahren und der Suite Vollard aus den 1930er Jahren beschränkt er sich in der Darstellung des Akts von 1944 auf die Umrisslinie, mit der er den weiblichen Körper im Verzicht auf Einzelheiten auf ein Minimum abstrahiert. Trotzdem entsteht der Eindruck, dass die sensible Hand des als "homme à femmes" bekannten Künstlers, ihn mit dem Bleistift in seinen Rundungen nahezu liebkosend erfasst. Die Frau mit dem klassischen Profil und den in den Nacken gelegten Händen füllt das Bildformat so selbstverständlich, dass es scheint, als böten ihr die Grenzen Halt. Zugleich nutzt der Maler die Tönung des Papiers und den Schatten auf der Sitzfläche im Hinblick auf die tiefenräumliche Wirkung. Die Zeichnung gehört zu einer Serie von sechs Darstellungen weiblicher Akte in akademischen Posen, die an jene erste Orientierung an den Haremsmotiven des Malers Jean-August-Dominique Ingres erinnern, die Picassos Werk am Übergang von der kubistischen zur klassizistischen Periode um 1920 prägte. Damals entstand jenes stilistische Nebeneinander von kubistischer und klassischer Auffassung, das den Begründer des Kubismus und Wegbereiter der Moderne kennzeichnet. Auch die Entstehungszeit der Zeichnung 1944 ist geprägt von stilistischer Vielfalt. Picasso hatte 1937 mit "Guernica" im kubistischen Stil den Inbegriff des Antikriegsbildes geschaffen und wurde von den Nationalsozialisten mit Ausstellungsverbot belegt. Dass der weltberühmte Maler während der Besatzungszeit von 1940 bis zur Befreiung am 25. August 1944 in seiner Wohnung in der Rue des Grands Augustins in Paris standhielt, trug ihm später den Ruf als Inbegriff des Widerstands ein. Auch die in jenen Jahren entstandenen Werke sind Ausdruck seines Anspruchs auf absolute künstlerische Freiheit. Während "Laubade" von 1942 Ingres Akt mit Mandolinenspieler kubistisch aufsplittert, folgen die sechs Aktzeichnungen von 1944 dem klassizistischen Stil. Picassos Frauenbildern wird nachgesagt, dass sie bei aller Abstraktion die physisch-psychischen Konstanten seiner jeweiligen Lebensgefährtin erkennen lassen. Möglicherweise deutet also die ruhige Selbstgewissheit des klassischen Akts von 1944 auf die beginnende Liebesbeziehung zur jungen Francoise Gilot und das Ende des Verhältnisses zur spröde-intellektuellen Dora Maar hin, welche ihm lange als Modell zahlreicher kubistischer Bilder gedient hatte.



Signatur-Bez-Vorne:
Rechts unten mit Feder (Tusche) signiert "Picasso"
Technik:
Bleistiftzeichnung
Träger:
auf Velin d´Arches (Wz: Arches)
Zustand:
Blattkanten gebräunt. Umlaufend am Rand auf Unterlagekarton aufgeklebt
Rahmen:
Rahmen
Werkverzeichnis:
Zervos Nr. 13.308
Provenienz:
Privatsammlung Süddeutschland