Fritz Klimsch - Schlangenbändigerin. Um 1899

Auktion 63, Kat.-Nr. 2

AFRIKANISCHE KUNST / KLASSISCHE MODERNE, POST WAR & CONTEMPORARY ART

am 8. Juni 2018

Fritz Klimsch

Schlangenbändigerin. Um 1899

Schätzpreis:
€ 60.000 bis € 80.000

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Folgerechtsabgabe    

Ergebnis:
€ 127.000 (inkl. 27 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Klimsch, Fritz

1870 Frankfurt a. M. - 1960 Freiburg

 

Schlangenbändigerin. Um 1899

 

Bronze mit brauner Patina

Gesamthöhe 145,5 cm.

 

 

Auf der Oberseite der Plinthe signiert "F. Klimsch", verso Gießerstempel "Guss v. H. Noack/Wilmersdorf"..

 

Die Gießerei Noack war in der Zeit von 1897-1899 in Wilmersdorf ansässig, dadurch ist der Entstehungszeitraum der Skulptur feststellbar.

 

Mit einer Echtheitsbestätigung von Dr. Hermann Braun, Hannover vom 13. August 2007. Wir danken für die wissenschaftliche Beratung bei der Bearbeitung der Skulptur, die er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als "Erstguss von großer Feinheit" beschreibt.

 

In den Jahren seit dem Abschluss seines Studiums an der Hochschule für bildende Künste in Berlin 1894 war der mit Kunstpreisen ausgezeichnete Bildhauer Fritz Klimsch bereits mit zahlreichen Bildnissen, Grabdenkmälern und mythologischen Figuren in Erscheinung getreten. Im Entstehungsjahr der Figur 1898 hatte sich der Künstler in Berlin bereits einen Namen gemacht und gründete zusammen mit Max Liebermann und Walter Leistikow die Berliner Sezession.

 

Mit seiner "Schlangenbändigerin" leitete er die Reihe der weiblichen Akte ein, die ihn später mehr als alle anderen Sujets innerhalb seines Oeuvres bekannt gemacht haben. Bei der zum Frühwerk gehörigen Skulptur fand Klimsch - im Gegensatz zu den anderen Arbeiten seiner reifen Jahre, die ohne Attribut auskommen - in der dreiköpfigen Schlange, die sich um den Körper windet, den Vorwand für die Darstellung der nackten Frau, die nicht in direktem Bezug zu den antiken Mythen oder zum Sündenfallmotiv steht. Der kraftvolle Kampf mit der Schlange, den wir zum Beispiel von der Laokoon-Gruppe kennen, wurde von Bildhauern vielfach in Absicht dargestellt, den Menschen in lebhafter Bewegung zu zeigen. Dafür schien Klimsch der "üppig-elegante Körper" seines damals bevorzugten Modells Elli Weber, die ihm als Vorbild auch für andere Werke diente, besonders geeignet. Während der Oberkörper der jungen Frau erschrocken vor dem Monster zurückweicht, deutet die Schrittstellung eine Vorwärtsbewegung an. Dagegen betonen die ausgestreckten und von der Schlange gefesselten Arme - die in den zierlich gespreizten Fingern der linken Hand des Äquivalent zum dreiendigen Schlangenkopf findet - die Diagonale. Dies hält die 145 cm große Figur in einem spannungsvollen Gleichgewicht, das nicht nur die Spannkraft betont, sondern vielmehr eine tänzerisch-leichte Qualität hat und die dekorative Linienführung des Jugendstils erkennen lässt.

 

Literatur: The Studio. An illustrated Magazine of Fine and Applied Art, London 1990. Vol. Twenty, Studio-Talk, S. 58 mit Abb. (Figur mit einköpfiger Schlange)

Braun, Hermann. Fritz Klimsch - Eine Dokumentation. Köln 1991. S. 303, Nr. 11; dort als Metallguss bezeichnet; Abb. S. 49 (dort mit einköpfiger Schlange)

 

Ausstellung: Große Berliner Kunstausstellung, Berlin 1898, Kat.-Nr. 1381 (vermutlich dort Figur mit einköpfiger Schlange), mit dem Vermerk "verkäuflich"

Die Bildhauer August Gaul und Fritz Klimsch. Museum Giersch, Frankfurt/M. 2010. S. 176 (mit ganzseitiger Farbabb., Zinkguss), S. 212f (ganzs. Farbdetail)