- Arbeitstischchen

Auktion 931, Kat.-Nr. 1221

SONDERAUKTION HIDDEN TREASURES. SCHÄTZE AUS DEM HAUSE WÜRTTEMBERG

am 30. März 2022

 

Arbeitstischchen

Schätzpreis:
€ 25.000 bis € 30.000

Differenzbesteuerung    

Ergebnis:
€ 114.400 (inkl. 30 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Arbeitstischchen

Neuwied, David Roentgen (1743 Herrnhaag - 1807 Wiesbaden), Werkstatt, um 1790

 

Furnier Vogelaugenahorn. Auf sich verjüngenden Vierkantbeinen in Fußschuhen mit Rollen. Frontal eingeschwungenes Tablett. Ovaler Zargenkasten mit Schreibschublade, bei deren Herausziehen ein Federmechanismus seitlich zwei Fächer aufspringen lässt. Rhombenparketterie. Beschlagdekor mit Milleraille-Blechen, Rosetten und Perlstabeinfassungen. Rest., Alters-/Gebrauchsspuren, besch. 75 x 73 x 50 cm.

 

Etikett "Herrschaft Carlsruhe O/S Nr. 38".

 

Charakteristisches Ovaltischchen der Roentgenmanufaktur um 1785/90 mit reduzierter Formgebung, welche das lebhafte Furnierbild und den qualitätvollen Beschlagdekor in den Vordergrund rückt. Vgl. ein in Mahagoni furniertes fast identisches Patenttischchen im Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau (Inv.Nr. VE/43), abgeb. bei Greber, Josef Maria, Abraham und David Roentgen. Möbel für Europa. Bd. 2. Starnberg 1980, Abb. 621. Gut vergleichbar auch ein Paar Arbeitstischchen im Metropolitan Museum, abgeb. bei Koeppe, Wolfram, Extravagant inventions. The princely furniture of the Roentgens. Kat.Ausst. Metropolitan Museum of Art, New York. New York 2012, S. 180f.

 

"Ein Ebenist namens David Roetgen (sic!) aus Neuwied hat in Paris ein Depot seiner Werke eingerichtet, die hinsichtlich ihrer Ausführung die Pariser Möbel zu übertreffen scheinen. Die figürlichen Marketerien sind so gut dargestellt und so fein schattiert, dass sie gemalt scheinen. Der Reichtum der Bronzen, mit denen sie dekoriert sind, macht sie sehr teuer." (Zit. nach Franz, Bettina (Bearb.), Die französischen Möbel des 18. Jahrhunderts in Schloss Ludwigsburg. Schätze aus unseren Schlössern Bd. 2, hg. Von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Schwetzingen 1998, S. 24 Anm. 43.)

Mit diesen Worten pries 1779 der Pariser Gesandte Baron Ulrich von Thun Herzog Carl Eugen von Württemberg (1728-1793) den Kunstschreiner David Roentgen in Neuwied an, dessen neuartige und innovative Manufaktur-Erzeugnisse in Europa Aufsehen erregten. Mit Erfolg: Carl Eugen, der anderen Höfen in Sachen zeitgemäße Standesrepräsentation nicht nachstehen wollte, bezog für das Neue Schloss in Stuttgart verschiedene Möbel aus Neuwied: Ein Inventar von 1786 überliefert zwei Kommoden, eine Chiffoniere und einen Toilettetisch (vgl. Wiese, Roentgens Aufträge für das Haus Württemberg, in: Stratmann-Döhler, Rosemarie, Mechanische Wunder - Edles Holz. Roentgen-Möbel des 18. Jahrhunderts in Baden und Württemberg. Ausst.Kat. Badisches Landesmuseum Karlsruhe 3. Oktober 1998 - 10. Januar 1999. Karlsruhe 1998, S. 37 Anm. 34). Zwischen 1794 und 1796 reiste David Roentgen mehrfach nach Stuttgart, um Carl Eugens jüngerem Bruder und Nachfolger Herzog Friedrich Eugen (1732-1797) und seiner Gemahlin Sophie Dorothee (1736-1798) Möbel im Wert von etwa 3000 Gulden aus seinem Vorrat anzubieten, jedoch offenbar ohne Erfolg (vgl. ebenda S. 35f.) - bereits vor Ausbruch der französischen Revolution war die Nachfrage nach Möbeln aus Neuwied infolge eines sich wandelnden Einrichtungsgeschmacks deutlich gesunken, so dass Roentgen sich schließlich gezwungen sah, den Betrieb sukzessive zu verkleinern.

An welches Mitglied des Hauses Württemberg Roentgen vorliegendes Arbeitstischchen verkaufte, lässt sich nach derzeitigem Wissenstand nicht nachvollziehen. Nachdem Schloss Carlsruhe 1798 ausbrannte, ist jedoch eine Herkunft aus Württemberg wahrscheinlich.

 



Zustand:
Rest., Alters-/Gebrauchsspuren, besch
Kommentar:
Charakteristisches Ovaltischchen der Roentgenmanufaktur um 1785/90 mit reduzierter Formgebung, welche das lebhafte Furnierbild und den qualitätvollen Beschlagdekor in den Vordergrund rückt. Vgl. ein in Mahagoni furniertes fast identisches Patenttischchen im Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau (Inv.Nr. VE/43), abgeb. bei Greber, Josef Maria, Abraham und David Roentgen. Möbel für Europa. Bd. 2. Starnberg 1980, Abb. 621. Gut vergleichbar auch ein Paar Arbeitstischchen im Metropolitan Museum, abgeb. bei Koeppe, Wolfram, Extravagant inventions. The princely furniture of the Roentgens. Kat.Ausst. Metropolitan Museum of Art, New York. New York 2012, S. 180f. "Ein Ebenist namens David Roetgen (sic!) aus Neuwied hat in Paris ein Depot seiner Werke eingerichtet, die hinsichtlich ihrer Ausführung die Pariser Möbel zu übertreffen scheinen. Die figürlichen Marketerien sind so gut dargestellt und so fein schattiert, dass sie gemalt scheinen. Der Reichtum der Bronzen, mit denen sie dekoriert sind, macht sie sehr teuer." (Zit. nach Franz, Bettina (Bearb.), Die französischen Möbel des 18. Jahrhunderts in Schloss Ludwigsburg. Schätze aus unseren Schlössern Bd. 2, hg. Von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Schwetzingen 1998, S. 24 Anm. 43.) Mit diesen Worten pries 1779 der Pariser Gesandte Baron Ulrich von Thun Herzog Carl Eugen von Württemberg (1728-1793) den Kunstschreiner David Roentgen in Neuwied an, dessen neuartige und innovative Manufaktur-Erzeugnisse in Europa Aufsehen erregten. Mit Erfolg: Carl Eugen, der anderen Höfen in Sachen zeitgemäße Standesrepräsentation nicht nachstehen wollte, bezog für das Neue Schloss in Stuttgart verschiedene Möbel aus Neuwied: Ein Inventar von 1786 überliefert zwei Kommoden, eine Chiffoniere und einen Toilettetisch (vgl. Wiese, Roentgens Aufträge für das Haus Württemberg, in: Stratmann-Döhler, Rosemarie, Mechanische Wunder - Edles Holz. Roentgen-Möbel des 18. Jahrhunderts in Baden und Württemberg. Ausst.Kat. Badisches Landesmuseum Karlsruhe 3. Oktober 1998 - 10. Januar 1999. Karlsruhe 1998, S. 37 Anm. 34). Zwischen 1794 und 1796 reiste David Roentgen mehrfach nach Stuttgart, um Carl Eugens jüngerem Bruder und Nachfolger Herzog Friedrich Eugen (1732-1797) und seiner Gemahlin Sophie Dorothee (1736-1798) Möbel im Wert von etwa 3000 Gulden aus seinem Vorrat anzubieten, jedoch offenbar ohne Erfolg (vgl. ebenda S. 35f.) - bereits vor Ausbruch der französischen Revolution war die Nachfrage nach Möbeln aus Neuwied infolge eines sich wandelnden Einrichtungsgeschmacks deutlich gesunken, so dass Roentgen sich schließlich gezwungen sah, den Betrieb sukzessive zu verkleinern. An welches Mitglied des Hauses Württemberg Roentgen vorliegendes Arbeitstischchen verkaufte, lässt sich nach derzeitigem Wissenstand nicht nachvollziehen. Nachdem Schloss Carlsruhe 1798 ausbrannte, ist jedoch eine Herkunft aus Württemberg wahrscheinlich.