Franz Seraph Stirnbrand - Katharina Prinzessin von Württemberg, 1807-1813 Königin von Westphalen

Auktion 403, Kat.-Nr. 1032

Napoleon bei Neumeister

am 1. Dezember 2021 ab 18:00 Uhr

Franz Seraph Stirnbrand

Katharina Prinzessin von Württemberg, 1807-1813 Königin von Westphalen

Schätzpreis:
€ 6.000 bis € 8.000

Regelbesteuerung    

Ergebnis:
€ 7.800 (inkl. 30 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Franz Seraph Stirnbrand

um 1788 Kroatien - 1882 Stuttgart

um 1820

 

Katharina Prinzessin von Württemberg, 1807-1813 Königin von Westphalen

 

 

(1783 St. Petersburg - 1835 Lausanne). Hüftbild nach links. Öl auf Lwd. 77 x 64 cm. Rest. Min. besch. Rahmen d. Zt.

 

Ulrich Prinz zu Wied (1931-2000), Rottach-Egern, Angehöriger des Hauses Württemberg, erkannte am 2. Februar 1997 in der Dargestellten Katharina von Westphalen, die sich als Gemahlin von König Jérôme von Westphalen wegen ihrer festen Treue zum (später entthronten) Gatten den Respekt und die Bewunderung ihrer Familie erworben hatte. Jérôme Bonaparte (1784 Ajaccio - 1860 Château de Vilgénis, Massy) war der jüngste Bruder Napoleon Bonapartes. Er war von 1807 bis 1813 König von Westphalen. In zweiter Ehe heiratete er Katharina von Württemberg. Das Königreich Westphalen zählte zu jenen Frankreich gegenüber loyalen Staatsgebilden, die von Napoleon im Zuge seiner Expansionspolitik geschaffen wurden. Deren höchste Repräsentanten bzw. oberste Administratoren waren vorwiegend ergebene Vertraute oder Verwandte des Kaisers. Das vorliegende Bildnis Katharina von Württembergs besitzt eine große Ähnlichkeit mit ihrem offiziellen Staatsporträt von Johann Baptist Seele in Schloss Ludwigsburg (1807), das nach einem zeitgenössischen Urteil von 1817 ihr außerordentlich ähnlich war (vgl. Mildenberger, Hermann, Der Maler Johann Baptist Seele - Kritischer Katalog der Gemälde. Tübingen 1984, S. 251, WVZ-Nr. 180). Im hier angebotenen Bild fehlen herrschaftliche Attribute. Hierfür können zwei Gründe angenommen werden: Stirnbrand hatte die verwitwete Königin Charlotte Mathilde von Württemberg zur selben Zeit ebenfalls unter Verzicht auf aristokratische Attribute ganz als Privatperson dargestellt. Außerdem war Katharina von Württemberg 1820 keine Königin mehr, sondern Privatperson. Das Reich des als "König Lustik" in Erinnerung gebliebenen Bruders von Napoleon war nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 aufgelöst worden.

 

Die Zuschreibung des Porträts an Franz Seraph Stirnbrand wurde am 7. Februar 1997 von Dr. Christoph Becker, damals Konservator an der Staatsgalerie Stuttgart, auf Basis des Originals mündlich bestätigt. Becker vermutete eine Entstehung um 1820. Stirnbrand besaß als beliebtester Porträtist des Stuttgarter Hofes die Fähigkeit, auch hohe Standespersonen mit unaufdringlicher Eleganz und vor allem als liebenswürdige Menschen darzustellen. Der geneigte Kopf, ein warmer direkter Blick sowie ein naturnah-frisches Inkarnat vermitteln hier wie in einigen anderen seiner besten Bildnisse dieser Zeit den Eindruck einer freundlichen Gutherzigkeit (vgl. Holst, Christian von (Hg.), Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts. Staatsgalerie Stuttgart 1982, S. 155). Nach Prüfung des Gemäldes urteilte Dr. Christoph Becker, dieses sei ebenso elegant und großartig wie die Porträts des bekannteren Waldmüller in Wien. Aber außer der ebenbürtigen malerischen Meisterschaft strahlt das Bildnis der schwäbischen Prinzessin eine Wärme und Liebenswürdigkeit aus, wie sie Stirnbrands beste Werke auszeichnet. Im Einnahmenbuch von Stirnbrand (Eigenhändiges Einnahmenbuch von Stirnbrand, Cop. Nach dem Original i. B. von Frau Oberst von Niethammer, Jan. 1936; Fleischhauer. Auszug aus Stirnbrands Lebenserinnerungen nach Aufzeichnungen seiner Tochter. Maschinenschriftliches Manuskript in der Bibliothek der Staatsgalerie Stuttgart) in welchem Auftraggeber und ihre Zahlungen festgehalten sind, erscheint Katharinas Namen nicht, jedoch mehrfach die Bezeichnung "verwitwete Königin". Hiermit ist Königin Charlotte Mathilde von Württemberg gemeint, an deren Witwensitz Schloß Ludwigsburg Stirnbrand längere Zeit tätig war. Sie wird dieses Porträt in Auftrag gegeben haben. Charlotte Mathilde hatte keine eigenen Kinder und liebte ihre Stiefkinder Wilhelm und Katharina. Zu Katharina hatte sie eine besonders enge Bindung. Katharina von Württemberg gehörte seit der Hochzeit mit Jérôme Bonaparte zu Napoleons Familie. Dessen Adoptivtochter Stéphanie de Beauharnais hatte in die großherzoglich-badische Familie eingeheiratet. Somit gehörte der Karlsruher Hof zu Katharinas Verwandtschaft und ihr Bildnis dort zur Verwandtschaftspflege. Im Schlossinventar von 1882 trägt es allerdings die Bezeichnung "Frau von Munk", offenbar eine Vermutung mangels Bildbeschriftung. Elisabeth Maria von Munck war aber bereits 42 Jahre zuvor gestorben und wohl nur noch per Namen im Schloß bekannt. Sie war mit ihrem Gatten Otto Magnus Baron von Munck, Oberhofmarschall der Königin Friederike von Schweden, dem Königspaar ins Exil nach Karlsruhe gefolgt. Friederike (1781-1825) wiederum war eine badische Prinzessin. Frau von Muncks vermeintliches Porträt war 1882 als unbekannte Fremde vermutlich aus der großherzoglichen Wohnung in das "Fremden-Apartement"gelangt, das vordem von Königin Friederike bewohnt wurde. Es lag nahe, das Bildnis dem Hofstaat der ehemaligen Bewohnerin zuzuordnen. Der Irrtum wurde fortgeschrieben bis zur kunsthistorischen Erfassung der Zähringer Bildnissammlung (vgl. Kircher, Gerda, Zähringer Bildnissammlung im Neuen Schloss zu Baden-Baden. Karlsruhe 1958, S. 154, Nr. 763: dort Identifizierung als Elisabeth Maria Freifrau von Munck, 1773-1840, Palastdame der Königin Friederike von Schweden und "um 1830" datiert). Dabei wurde aber übersehen, dass bei einer vermuteten Entstehung um 1830 Frau von Munck bereits 57 Jahre alt war. Katharina von Württemberg war um 1820, der tatsächlichen Entstehungszeit unseres Gemäldes, eine Mittdreißigerin, was mit der Physiognomie des Porträts übereinstimmt. Provenienz: Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden (nachweisbar in den Inventaren des Schlosses Karlsruhe 1859 bis 1885 und 1892; 1918 Neues Schloss Baden-Baden). - Auktion Sothebys, Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Baden-Baden, 5.-21. Oktober 1995, Lot 2806. - Privatbesitz Süddeutschland. Dr. Roswitha Emele, Stuttgart, hat das vorliegende Gemälde mit Nr. WV20022 in das Werkverzeichnis zum Schaffen Stirnbrands aufgenommen. Dieses wird mit dem Titel "Porträtmaler Franz Seraph Stirnbrand (um 1788 - 1882)" in Kürze im Michael Imhof Verlag, Petersberg, erscheinen.



Datierung:
um 1820


Titel-Zusatz:
(1783 St. Petersburg - 1835 Lausanne). Hüftbild nach links


Technik:
Öl
Träger:
auf Lwd
Maße:
77 x 64 cm
Zustand:
Rest. Min. besch
Rahmen:
Rahmen d. Zt
Kommentar:
Die Zuschreibung des Porträts an Franz Seraph Stirnbrand wurde am 7. Februar 1997 von Dr. Christoph Becker, damals Konservator an der Staatsgalerie Stuttgart, auf Basis des Originals mündlich bestätigt. Becker vermutete eine Entstehung um 1820. Stirnbrand besaß als beliebtester Porträtist des Stuttgarter Hofes die Fähigkeit, auch hohe Standespersonen mit unaufdringlicher Eleganz und vor allem als liebenswürdige Menschen darzustellen. Der geneigte Kopf, ein warmer direkter Blick sowie ein naturnah-frisches Inkarnat vermitteln hier wie in einigen anderen seiner besten Bildnisse dieser Zeit den Eindruck einer freundlichen Gutherzigkeit (vgl. Holst, Christian von (Hg.), Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts. Staatsgalerie Stuttgart 1982, S. 155). Nach Prüfung des Gemäldes urteilte Dr. Christoph Becker, dieses sei ebenso elegant und großartig wie die Porträts des bekannteren Waldmüller in Wien. Aber außer der ebenbürtigen malerischen Meisterschaft strahlt das Bildnis der schwäbischen Prinzessin eine Wärme und Liebenswürdigkeit aus, wie sie Stirnbrands beste Werke auszeichnet. Im Einnahmenbuch von Stirnbrand (Eigenhändiges Einnahmenbuch von Stirnbrand, Cop. Nach dem Original i. B. von Frau Oberst von Niethammer, Jan. 1936; Fleischhauer. Auszug aus Stirnbrands Lebenserinnerungen nach Aufzeichnungen seiner Tochter. Maschinenschriftliches Manuskript in der Bibliothek der Staatsgalerie Stuttgart) in welchem Auftraggeber und ihre Zahlungen festgehalten sind, erscheint Katharinas Namen nicht, jedoch mehrfach die Bezeichnung "verwitwete Königin". Hiermit ist Königin Charlotte Mathilde von Württemberg gemeint, an deren Witwensitz Schloß Ludwigsburg Stirnbrand längere Zeit tätig war. Sie wird dieses Porträt in Auftrag gegeben haben. Charlotte Mathilde hatte keine eigenen Kinder und liebte ihre Stiefkinder Wilhelm und Katharina. Zu Katharina hatte sie eine besonders enge Bindung. Katharina von Württemberg gehörte seit der Hochzeit mit Jérôme Bonaparte zu Napoleons Familie. Dessen Adoptivtochter Stéphanie de Beauharnais hatte in die großherzoglich-badische Familie eingeheiratet. Somit gehörte der Karlsruher Hof zu Katharinas Verwandtschaft und ihr Bildnis dort zur Verwandtschaftspflege. Im Schlossinventar von 1882 trägt es allerdings die Bezeichnung "Frau von Munk", offenbar eine Vermutung mangels Bildbeschriftung. Elisabeth Maria von Munck war aber bereits 42 Jahre zuvor gestorben und wohl nur noch per Namen im Schloß bekannt. Sie war mit ihrem Gatten Otto Magnus Baron von Munck, Oberhofmarschall der Königin Friederike von Schweden, dem Königspaar ins Exil nach Karlsruhe gefolgt. Friederike (1781-1825) wiederum war eine badische Prinzessin. Frau von Muncks vermeintliches Porträt war 1882 als unbekannte Fremde vermutlich aus der großherzoglichen Wohnung in das "Fremden-Apartement"gelangt, das vordem von Königin Friederike bewohnt wurde. Es lag nahe, das Bildnis dem Hofstaat der ehemaligen Bewohnerin zuzuordnen. Der Irrtum wurde fortgeschrieben bis zur kunsthistorischen Erfassung der Zähringer Bildnissammlung (vgl. Kircher, Gerda, Zähringer Bildnissammlung im Neuen Schloss zu Baden-Baden. Karlsruhe 1958, S. 154, Nr. 763: dort Identifizierung als Elisabeth Maria Freifrau von Munck, 1773-1840, Palastdame der Königin Friederike von Schweden und "um 1830" datiert). Dabei wurde aber übersehen, dass bei einer vermuteten Entstehung um 1830 Frau von Munck bereits 57 Jahre alt war. Katharina von Württemberg war um 1820, der tatsächlichen Entstehungszeit unseres Gemäldes, eine Mittdreißigerin, was mit der Physiognomie des Porträts übereinstimmt. Provenienz: Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden (nachweisbar in den Inventaren des Schlosses Karlsruhe 1859 bis 1885 und 1892; 1918 Neues Schloss Baden-Baden). - Auktion Sothebys, Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Baden-Baden, 5.-21. Oktober 1995, Lot 2806. - Privatbesitz Süddeutschland. Dr. Roswitha Emele, Stuttgart, hat das vorliegende Gemälde mit Nr. WV20022 in das Werkverzeichnis zum Schaffen Stirnbrands aufgenommen. Dieses wird mit dem Titel "Porträtmaler Franz Seraph Stirnbrand (um 1788 - 1882)" in Kürze im Michael Imhof Verlag, Petersberg, erscheinen.