Peter Strudel - Judith mit dem Haupt des Holofernes

Auktion 408, Kat.-Nr. 1018

NEUMEISTER MÄRZAUKTION

am 29. März 2023 bis 30. März 2023

Peter Strudel

um 1660 Cles - 1714 Wien


Judith mit dem Haupt des Holofernes

Schätzpreis:
€ 12.000 bis € 15.000

Differenzbesteuerung    

Ergebnis:
€ 13.000 (inkl. 30 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Peter Strudel

um 1660 Cles - 1714 Wien

Judith mit dem Haupt des Holofernes


Öl auf Lwd. 96 x 74,5 cm. Doubliert. Rest. Rahmen min. besch. (121 x 99,5 cm).


Das künstlerische Werk Peter Strudels wurde in verschiedenster Weise gewürdigt. Man lobte die "brillante morbidezza dei colori", schätzte die "nackten Kindlein ... von glühender Färbung", man tadelte ihn als "feuriges Genie". Der Künstler wird als "Lionardo in der Allongeperücke", als "Hans in allen Gassen" und einer "unserer besten Maler jener Epoche" bezeichnet. Hans Tietze bemängelte im Jahre 1918 "schwere fleischige Formen und brandig rote Farben" (sämtliche Zitate nach Koller 1993, s. u., S. 11 f.).

Das Schaffen des Barockmalers Peter Strudel beeindruckte seine Zeitgenossen, die Wahrnehmung der Nachwelt war durchaus gespalten und immer auch geprägt vom jeweiligen Zeitgeschmack. Unbestritten ist dennoch die künstlerische Qualität seiner Werke und seine Lebensleistung in lehrender Hinsicht: die Gründung der Wiener Akademie!

Peter Strudel, Maler und Bildhauer, wurde in eine Bildhauerfamilie hineingeboren. Nach einer ersten Ausbildung folgte er seinem älteren Bruder Paul nach Venedig. Zwischen 1680 und 1685 scheint er sich dort in der Werkstatt Johann Carl Loths aufgehalten zu haben. Seine venezianische Prägung wird Strudel stets beibehalten, wenngleich er seine Kunst um Inspirationen aus anderen Kunstlandschaften bereichert. Bald geht er zu einer flüchtigeren Malweise über, wie sie für die neapolitanische Malerei charakteristisch ist. Luca Giordano ist hier eindeutiger Ideengeber, der für seine "Fa presto"-Malerei berühmt war und ist. Während späterer Italienaufenthalte befasst sich Peter Strudel mit der zeitgenössischen römischen Malerei, auch die bolognesische Kunst regt ihn immer wieder an.

Bereits 1687 ist Peter Strudel mit einer eigenen Werkstatt nachweisbar. Wilhelm von der Pfalz, der Schwager Kaiser Leopolds I. und Förderer Strudels, erhob ihn zum "Cavalière" und "Cameriere dhonore". Seit 1688 beschäftigt sich Strudel mit seinem bedeutendsten Projekt, der Gründung einer Kunstakademie in Wien. Im Jahr darauf wird der Künstler zum Hof- und Kammermaler ernannt, erwirbt in der Alservorstadt ein Grundstück und ein Haus: den berühmten "Strudelhof", der 1951 durch Heimito von Doderer Eingang in die Weltliteratur fand.

Im Herbst 1688 eröffnet Peter Strudel dort seine "Accademia del disegno del naturale", 1692 wird diese Akademie vom Kaiser urkundlich anerkannt. Aus Strudels Akademie wird schließlich die Wiener Akademie der Bildenden Künste hervorgehen.

Strudels Auftraggeber waren das Kaiserhaus, der Adel und der Klerus. Gemälde von seiner Hand werden im Kunsthandel selten angeboten. Umso mehr freuen wir uns, das Gemälde "Judith mit dem Haupt des Holofernes" in unserer Auktion versteigern zu können. Es handelt sich um nichts anderes als eine Wiederentdeckung! Über Jahrzehnte wurde es in einer Tiroler Sammlung bewahrt, bis es im Herbst vergangenen Jahres von Prof. Dr. Manfred Koller als jenes verschollene Gemälde bestätigt wurde, das er bereits in seiner Werkliste zum Schaffen des Künstlers erwähnt hatte (zusammen mit seinem Gegenstück, einer - leider noch immer nicht nachgewiesenen - Darstellung der "Herodias mit dem Haupt des Johannes").

"Judith und Holofernes" scheinen Tirol offenbar nicht verlassen zu haben. Um 1740 ist das Werk bei den Erben des Innsbrucker Zahlmeisters Mohr erwähnt: Diese besaßen mehrere kleine Reliefs von der Hand Paul Strudels, des Bruders, aber auch die beiden "großen 2: schönen Oval=Stückhen [Peter Strudels], in derem ainen die Herodias mit dem Haubt Johannis in dem andern aber die Judith mit dem Haubt Holofernuß unvergleichlich schön abgebildet seye. Und ich musß bekhennen, daß ich meines wenigen Davorhaltens nicht bald einzelne Figuren so herrlich inventirt, mayeßtättisch gemahlt und außerordentlich schön colorirt gefunden habe." (Anton Roschmann, Tirolis pictoria et statuaria I/1742, S. 49 ff. Manuskript im Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck. Zitiert nach Koller 1993, S. 166).

Nachdem bei Roschmann zwei Ovalgemälde erwähnt werden, vermutet Prof. Dr. Manfred Koller, dass das vorliegende Gemälde später (möglicherweise im Zusammenhang mit der Rentoilierung) auf ein hochrechteckiges Format verändert wurde. Bezüglich der Gestaltung und Haltung des erhobenen Kopfes der Judith findet unser Gemälde eine Parallele in Strudels "Allegorie auf die Hochzeit Josephs I. mit Wilhelmine Amalie", 1698/99 (Kunsthistorisches Museum Wien, Inv.-Nr. 2023, seit 1989 als Deckenbild in einem Konzertsaal wiederverwendet). Zum Vergleich hinsichtlich des vom Farbdreiklang Rot-Weiß-Blau dominierten Kolorits lässt sich die "Allegorie der Staatskunst", um 1710/12, heranziehen (Palais Daun-Kinsky, Wien).

Wir danken Prof. Dr. Manfred Koller, Klosterneuburg, der die Übereinstimmung mit dem in seinem Werkverzeichnis als verschollen geführten Gemälde bestätigt (Email-Nachricht vom 24. November 2022).

Literatur: Koller, Manfred, Die Brüder Strudel. Hofkünstler und Gründer der Wiener Kunstakademie. Innsbruck / Wien 1993, S. 166, WVZ-Nr. gg 3.

Provenienz: Aus dem Nachlass eines Tiroler Sammlers.



Technik:
Öl
Träger:
auf Lwd
Maße:
96 x 74,5 cm
Zustand:
Doubliert. Rest
Rahmen:
Rahmen min. besch. (121 x 99,5 cm)
Provenienz:
Aus dem Nachlass eines Tiroler Sammlers.
Kommentar:
Wir danken Prof. Dr. Manfred Koller, Klosterneuburg, der die Übereinstimmung mit dem in seinem Werkverzeichnis als verschollen geführten Gemälde bestätigt (Email-Nachricht vom 24. November 2022). Literatur: Koller, Manfred, Die Brüder Strudel. Hofkünstler und Gründer der Wiener Kunstakademie. Innsbruck / Wien 1993, S. 166, WVZ-Nr. gg 3.