PDF MAGAZIN ZUR SONDERAUKTION
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EDITORIAL


Liebe Kunstfreundinnen und Kunstfreunde,

Sonderauktionen sind Teil der NEUMEISTER DNA. Mit Klassikern wie unseren beliebten Noble Sales, aber auch originellen Versteigerungen à la „Vintage Culture“, „Plastic Fantastic“, „Chair Affair“, „Next Generation“ oder „SHE“ haben wir uns im Auktionshandel einen Namen als Trendsetter gemacht. Ein Glanzlicht des Versteigerungskalenders ist auch die Sonderauktion mit Kunstwerken aus der Sammlung von Dr. Hans Constantin Faußner am 8. Mai. Einige Highlights dieses beeindruckenden Konvoluts stellen wir in diesem Magazin vor – wie immer mit großer Begeisterung für die Kunstwerke und die Geschichten dahinter. 

Die Faußner-Sammlung umfasst neben einigen hochkarätigen gotischen Skulpturen und altmeisterlichen Gemälden insbesondere Kunstwerke, die in München und im ländlichen Oberbayern, vor allem am Chiemsee, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Über 100 der mehr als 270 Gemälde des Konvoluts stammen von drei Künstlern: Paul Mathias Padua, Thomas Baumgartner und Constantin Gerhardinger, der in der Auktion unter anderem mit seinem großartigen Hauptwerk „Meine Modelle“ vertreten ist. Weil die genannten Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus gewürdigt und wertgeschätzt wurden, ist ihre Rezeption – bis heute – zwiespältig. Es wird diskutiert, ob man diese Kunst aufgrund ihres ästhetischen Wertes für sich stehen lassen kann oder ob sie im historischen Kontext kritisch betrachtet werden muss. Ich finde, dass es am Ende jedem Einzelnen selbst überlassen werden sollte, im Spannungsfeld künstlerischer Wertschätzung und kunsthistorischer Einordnung ein Urteil zu fällen. Vieles regelt ohnehin der Markt. Um es auf den Punkt zu bringen: Darf man Künstler, die zu Nutznießern des NS-Regimes zählten, in Museen zeigen? Darf man ihre Arbeiten versteigern? Darf man sie kaufen? Aber sicher! Verschämtes Wegschauen ist hier fehl am Platz. Denn indem Werke, die in der NS-Zeit gefeiert wurden, in die Museen, Galerien und Auktionshäuser der Gegenwart gelangen, laden sie zu kreativem Diskurs und kritischer Reflektion ein. Unsere demokratische Gesellschaft muss so gefestigt sein, dass sie dies aushält. 

Die Wissenschaft beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren kritisch mit der Frage, welche Kunst der NS-Elite gefiel und welche nicht. Ein Beispiel dafür ist das bislang einzigartige Projekt „vermacht.verfallen.verdrängt.“, eine Kooperation zwischen der Städtischen Galerie Rosenheim und dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte München im Rahmen eines Veranstaltungszyklus der LMU München unter Anleitung von Prof. Dr. Christian Fuhrmeister und Felix Steffan – der vor wenigen Wochen auch eine Dissertation zum Thema eingereicht hat (siehe Seite 118/119).

Neue Anstöße gab auch eine Ausstellung zur Kunst in der NS-Zeit, die bis zum 14. April 2024 im holländischen Arnheim zu sehen war. Das Museum Arnhem zeigte vor allem Gemälde und Skulpturen, die von 1937 bis 1944 in den Großen Deutschen Kunstausstellungen in München präsentiert wurden. Insgesamt handelte es sich um 90 Werke, meist Landschaften, Akte und Stillleben. Die im Deutschlandfunk als „gut durchdacht“ bezeichnete Arnheimer Ausstellung verdeutlicht, welche Rolle Kunst im Nationalsozialismus spielte und wie sehr auch Kunstwerke, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen, von den Nationalsozialisten für politische Zwecke instrumentalisiert wurden. In Deutschland hat es eine so umfangreiche Präsentation von Kunst aus der Zeit des Nationalsozialismus bislang noch nicht gegeben.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich spreche nicht von heroisierender NS-Propagandakunst. Vielmehr geht es – auch mit Blick auf Werke der Faußner-Sammlung – um eher unpolitische Kunst, die sich von der nationalsozialistischen Ideologie jedoch vereinnahmen ließ. Dazu zählen Gemälde, wie sie im Rahmen der Großen Deutschen Kunstausstellungen in München zu sehen waren. Dort hingen überwiegend nicht martialische Bilder der NS-Propaganda an den Wänden, sondern verschneite Berge und leuchtende Blumen, lauwarme Akte und Bäuerinnen im Kuhstall – Sujets, wie sie auch viele Maler bevorzugten, die Hans Constantin Faußner sammelte. Sicherlich, einige von ihnen waren in einer bestimmten Phase ihres Lebens Nutznießer des Regimes, was in der NS-Zeit aber nichts an ihrer – freilich konservativen – Kunstauffassung änderte: Die meisten malten nach 1933 genauso wie davor. By the way: Von über 270 Gemälden in der Sammlung von Hans Constantin Faußner entstanden weniger als 40 Arbeiten zwischen 1933 und 1945. Dass es sich dabei zumeist um unpolitische Kunst handelte, zeigen die nächsten Seiten. 

Herzlichst, Ihre

Katrin Stoll
Geschäftsführende Gesellschafterin bei NEUMEISTER
 

INHALT


 

 

VON DR. HELGA PUHLMANN
VON LUDWIG SEDLMAIER
OLDSCHOOL
SCULPTURE
VON DR. BETTINA SCHWICK
DIE HL. MÄRTYRERIN KATHARINA VON ALEXANDRIEN
UND WARUM SOLL DER KUNSTHANDEL DIESE FRAGE BEANTWORTEN?
von Katrin Stoll
FOLLOWER
EIN KUNSTRAUM ZWISCHEN ALPENLÄNDISCHER TRADITION UND MODERNISTISCHEN STRÖMUNGEN.
(CHIEMGAUER) KUNST UND NATIONALSOZIALISMUS
EXPRESSIVE
YOUNGSTER